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Weihnachtsreise mit Panettone – von Milano nach Lima

10. September 2024
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Als ich vor einigen Jahren, es muss wenige Tage vor Weihnachten gewesen sein, auf meinen Flug nach Lima wartete, kam ich mit einer jungen Studentin aus ebendieser südamerikanischen Stadt ins Gespräch. Sie erzählte mir von ihren Eindrücken, welche sie auf ihrer Reise durch Europa sammeln konnte, und wir unterhielten uns ein wenig über die vielen kleinen Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die Südamerika und Europa doch haben. Zum Schluss unseres Gespräches, der Flug nach Lima wurde bereits wiederholt aufgerufen, meinte sie noch: “Es ist lustig zu sehen, dass man hier in Europa auch Panettone zur Weihnachtszeit isst…”

Der Rückflug in die peruanische Hauptstadt Lima nahm viel Zeit in Anspruch und wenn ich mich recht erinnere, mit zeitraubenden Zwischenstopps in Madrid und Bogotá garniert. Also hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und Recherchieren. Denn, was mir nicht mehr aus dem Kopf ging, war die Bemerkung der peruanischen Studentin, was den Panettone anging. In vielen Ländern Südamerikas ist der Panettone ein fester Bestandteil des Weihnachtsfestes, doch in der Tat verwundert es viele Europäer, dass der Panetón, wie wir ihn in Peru nennen, das peruanische Weihnachtsfest auf beispiellose Weise dominiert. Wie kam also der Panettone nach Südamerika bzw. Peru und was sind dessen Ursprünge?


Panettone – von Italien nach Südamerika

Tatsächlich trat ich die Rückreise nach Peru in Milano an; etwas überrascht stellte ich dann bei meiner kleinen Nachforschung fest, dass die Geschichte des Panettone – wenngleich etwas verborgen unter dem Mantel der Ungewissheit – ebenfalls in Milano zu beginnen scheint. 


Man kennt den Panettone ausserhalb Italiens natürlich, ganz gleich, ob in Spanien, Frankreich, Deutschland oder der Schweiz – man hat sofort die typische Kuppelform vor Augen und erinnert sich an dessen unverwechselbaren Duft und den Geschmack nach Sultaninen und kandierten Früchten. Doch über seine Herkunft ist auf den ersten Blick erstaunlich wenig Konkretes zu finden – ausser, dass er aus Italien stammt. Es scheint, dass die Ursprünge im Treibsand der Geschichte untergegangen sind.


Und… Milano? Hat der Panettone denn nicht seinen Ursprung in Milano?

Stimmt, so scheint es. Dass der Panettone seinen Ursprung in Mailand oder Milano hat, geht auch auf eine der vielen “Geschichten” oder “Berichte” zurück, die sich mit seiner Entstehung auseinandersetzen. Einer nicht nur in Italien verbreiteten Legende zufolge, soll der Panettone auf ein Missgeschick des Küchengehilfen am Hofe des Herzogs von Mailand, Ludovico Sforza, im 15. Jahrhundert zurückgehen. Toni, so der angebliche Name des Gehilfen, soll bei der Herstellung grosser (Biskuit)Kuchen ein Missgeschick unterlaufen sein und der (oder die) Kuchen brannten an; ungeniessbar für das herzogliche Fest und dessen Gäste. So blieb dem Küchengehilfen der Legende nach nichts anderes übrig, als einen Teil des Hefeteiges, den er für sein eigenes Weihnachtsbrot aufbewahrt hatte, zu opfern. Er soll einen wundervollen Kuchen mit Sultaninen und kandierten Früchten für den Herzog und seinen Gästen daraus gebacken haben – ein durchschlagender Erfolg, der als “Pan de Toni” Bekanntheit erlangte und im Laufe der Zeit zu Panettone wurde.

Als Disney den Panettone erfand

Solche oder ähnliche Geschichten, die einem Disneyfilm entsprungen zu sein scheinen, gibt es einige. Doch mehr als eine nette Weihnachtsgeschichte ist es wohl nicht, meinen Historiker und auch an der renommierten Universidad de Bolonia wird dies so gesehen. Es kam mir tatsächlich wenig glaubhaft vor, dass man in jenen finsteren Zeiten einen Küchengehilfen auf diese Weise „adelte“, ihn überhaupt ehrte oder eine Form der Dankbarkeit zukommen liess. Ich gebe zu, dass ich jener finsteren Epoche der europäischen Geschichte nicht sehr zugetan bin, aber ich denke, selbst bei unvoreingenommener Betrachtung des “Tatbestandes” lässt das Ende dieser Legende gewisse Zweifel aufkommen.


Könnten es mal wieder die Römer gewesen sein?

Von Madrid auf dem Weg zum nächsten Zwischenstopp in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá fand ich zunächst einige “interessante” Informationen aus der antiken Geschichte Italiens. Die Römer sollen nach einer Überlieferung, von wem und wann geschrieben, liess sich über dem Atlantik nicht so ohne Weiteres feststellen, die Ersten gewesen sein, die Brot mit Honig gesüsst haben. Dies könnte als Ursprung des heutigen Panettone angesehen werden.


Weit hergeholt und als Ursprungsbeweis etwas dürftig, dachte ich mir. Da war eine weitere Legende, welche ich im Anschluss fand, doch wesentlich realistischer: Ein junger Adeliger, Ughetto Atellani de Futi, soll sich um das Jahr 1490 unsterblich in die Tochter eines Mailänder Zuckerbäckers verliebt haben. Um nun Adalgisa, der Tochter des Bäckers, seine grenzenlose Liebe und Leidenschaft zu beweisen, soll er sich als Lehrling des Zuckerbäckers verdingt haben und dabei für die Angebetete ein wundervoll duftendes, süsses, kuppelförmiges Brot mit kandierten Zitrusfrüchten gebacken haben. Der Adlige gab sich zuvor beim Zuckerbäcker als “Toni” aus, was dazu führte, dass die Mailänder diese Delikatesse fortan “Pan de Toni” nannten.

Turbulenzen und die Frage, ob der Panettone am Kamin entstand

Die Turbulenzen über dem Meer beendeten abrupt meinen kurzen, traumlosen Schlaf. Ich setzte meine kleine Weihnachtsrecherche zur italienischen Backkunst fort und kam den harten Fakten ein ganzes Stück näher. So soll ein Artikel aus dem 18. Jahrhundert, verfasst von Pietro Verri, einen “Pane di Tono” also eine Art “grosses Brot” erwähnen, welches der Urahn des heutigen Panettone sein könnte. Eine Zeit später stiess ich auf den Verweis des Mailänders Giorgio Valagussa aus dem Jahre 1470, in der er den Brauch des “Ritual del leño” – so die spanische Übersetzung – beschrieb. Das klang bei Weitem stimmiger: In der Nacht zum 24. Dezember soll es Brauch gewesen sein, gesüsste und kostbar gewürzte Weizenbrote am Kaminfeuer zu reichen. Das Familienoberhaupt – so der Bericht – soll allen Gästen ein Stück des kostbaren Brotes gereicht haben und das letzte Stück für das neue Jahr aufbewahrt haben.


Vermutlich lässt sich der Ursprung des Panettone auf diese oder ähnliche Bräuche zurückführen – ohne festes “Geburtsdatum” also. Fest steht, dass die Verbindung zwischen der Stadt Mailand und den Ursprüngen des Panettone sich nicht bestreiten lässt und die Anfänge tatsächlich irgendwo in der Region Norditaliens zu finden sind. Aber wie gesagt, der wundervolle Weihnachtskuchen hat sich wohl aus einer Tradition entwickelt. Wer nun den ersten aller Panettone hergestellt hat und wann… wer weiss?

So weit so gut, aber wie wurde der Panettone zum gefeierten Rockstar in Südamerika?

Der letzte Zwischenstopp in Kolumbien stand auf dem Programm. Wie immer verursachte der Flughafen El Dorado zugleich ziehende Kopfschmerzen und Schmetterlinge im Bauch. Ich werde nie herausfinden weshalb, also gönnte ich mir wie immer ein Tässchen kolumbianischen Kaffee. Zumindest tat die überaus attraktive Verkäuferin ihr Bestes, mir glaubhaft zu versichern, dass dieser Kaffee direkt aus dem kolumbianischen Kaffeedreieck zum Flughafen gekarrt wurde. Ich will es ihr glauben. Gerne sogar.

Nach dem Start zur letzten Etappe der Reise stellte ich fest, dass sich die genaue Ankunft des Panettone in Südamerika ebenso schwer feststellen liess, wie die Ankunft der Maschine, die mich nach Peru bringen sollte. Es schien, als würde die Nähe zum Äquator alle Zeitangaben auf ein “ungefähr” reduzieren. Ich bin da keine Ausnahme.

Nun, feststeht, dass der Panettone bzw. das Rezept vor über 100 Jahren mit einer Einwanderungswelle italienischer Bürger – mit all ihren Sehnsüchten und Erinnerungen – nach Südamerika gelangte. Doch kurz zurück nach Italien: 1919 begann mit dem Mailänder Unternehmer Angelo Motta und 1933 mit Gino Alemagna die Industrialisierung der Panettone-Herstellung in Italien. Und es war eben jener Angelo Motta, mit dem der Panettone nach Peru gelangt sein soll. Auf welche Weise, ob als Rezept oder anderweitig, konnte ich nicht mit Sicherheit herausfinden.

Mit der Auswandererfamilie D’Onofrio aus dem italienischen Caserta wandelte sich im Laufe der Zeit der Panettone vom Geheimtipp zum festen Bestandteil des Weihnachtsfestes in allen Regionen Perus. Von arm bis reich, der Panettone war bald nicht mehr wegzudenken. Die Familie aus Caserta gründete zunächst ein Unternehmen für die Herstellung und den Vertrieb von Speiseeis. Noch heute sind die Fahrräder mit ihren leuchtend gelben Kühlboxen von D’Onofrio in allen Landesteilen unterwegs und verkaufen Speiseeis. Pietro D’Onofrio gründete 1897 das Familienunternehmen in Lima und bereits im Jahr 1924 konnte man eine erste Schokoladenfabrik mit moderner Fertigung in Peru bauen.

Panettone am Ende der Welt

Der Panettone D’Onofrio benötigte noch knapp 30 weitere Jahre, bis er das Licht der Welt in Peru erblickte. 1956 begann Antonio D’Onofrio – nach einer Rezeptur von Gino Alemagna aus Milano – authentischen Panettone mit natürlicher Hefe und klassischen Zutaten zuzubereiten. In etwa zur gleichen Zeit (ungefähr) kam der Mailänder Angelo Motta nach Peru. Als gelernter Konditor hatte er 1919 in Mailand ein Geschäft eröffnet, welches unter anderem Panettone verkaufte. Weshalb Angelo Motta nach Peru reiste, ist unbekannt; vielleicht besuchte er das südamerikanische Land, um die italienische Kolonie – zum grössten Teil Genueser – zu besuchen, oder weil er vom Boom des Panettone in Südamerika hörte.


Angelo Motta blieb (zumindest einige Zeit) und gründete seine erste Niederlassung ausserhalb Italiens in Peru. Ich fand dazu in einem Artikel der peruanischen Tageszeitung “El Comercio” eine wundervoll-kitschige Anzeige der Marke Motta aus dem Jahr 1958. Nur kurze Zeit später ging der Familienbetrieb von Pietro D’Onofrio mit seinem Panettone an den Start. Der massive Siegeszug des italienischen Gebäcks in Peru begann.


In Argentinien wurde das Pan Dulce (Pandolce Genovese oder Pandolce) im 19. Jahrhundert von Einwanderern aus Norditalien eingeführt. Bis heute steht in Buenos Aires der Name Reibaldi & Gandini für höchste italienische Backkunst. Diese Einwanderer aus der Lombardei, gründeten ein Geschäft, welches Pan Dulce und Panettone in der Calle Corrientes, Ecke Suipacha, in Buenos Aires anbot. Heute werden Pandolce milanés oder Panettone von verschiedenen Konditoren des Landes nach traditionellen Rezepten hergestellt, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.

drei Kuchen auf Tellern mit einem auf der Seite  Bild auf vieni.ch

Wie der Panettone im Koffer nach Brasilien kam

Und dann gibt es noch die Geschichte von Carlos Bauducco aus Turin, der einfach eines Tages in Italien ein Flugzeug bestieg, um nach Brasilien zu fliegen. In seinen Händen hielt Carlos Bauducco während der ganzen langen Reise einen kleinen Koffer in Händen, von welchem er sich um nichts auf der Welt trennen wollte. Dieser Koffer enthielt weder Gold noch Wertpapiere, keine Edelsteine oder sonstige Dinge von offensichtlich grossem Wert, die sein Verhalten rechtfertigen konnten.


Eingewickelt in ein feuchtes Tuch, so erzählte er wohl Jahre später, befand sich der Sauerteig für Panettone, mit welchem er den brasilianischen Markt erobern wollte. Nach einigen Wirrungen, Hin- und Rückflügen, gründete Carlos Bauducco 1952 zusammen mit seiner Frau Margherita und seinem Sohn Luigi die Konditorei, Doceira Bauducco, in der er Petit Fours, Bizcochos und natürlich Panettone verkaufte. Heute ist Bauducco der weltweit grösste Hersteller von Panettone mit einer jährlichen Produktionskapazität von über 300.000 Tonnen.


Heute sind in Peru, Brasilien, Uruguay oder Argentinien die leckeren Weihnachtskuchen aus dem fernen Italien nicht mehr wegzudenken. Die Traditionen, Feste und Ausdrücke mögen sich unterscheiden. Doch an Weihnachten hat Südamerika einen gemeinsamen Nenner: Panettone.


Lima, Tonis Panettone am Ziel meiner Träume

In Lima angekommen, genoss ich die feuchtwarme Abendluft. Es lag ein Geruch nach Grossstadt, Meer und Flughafen in der Luft. Ich zögerte einen Moment, bis ich ein Taxi nahm, welches mich auf direktem Weg, gefühlt mehrere Stunden Fahrt, zu meinem Apartment brachte. Dort angekommen, dauerte es nicht lange, bis ich einschlief und vom kommenden Weihnachtsfest träumte.


Ich träumte von unserem alten Haus im Norden des Landes, von der Hitze des Tages, von Kolibris, die im Garten hin und her flitzten, vom Strand und von den Vorbereitungen zum Weihnachtsessen. Von gefülltem Truthahn, heisser Schokolade und Kaffee. Von meiner Familie, den Kindern und meiner bildschönen Frau, die dieses Mal darauf bestand, nur gesüsstes Weizenbrot mit Honig zu essen. Ich träumte von meiner Tante, die wie aus der Zeit gefallen Erinnerungen nachhing, bei welchen ich mir nie sicher war, ob diese auf Tatsachen beruhten oder vielmehr Kreationen des Alters waren. Und von meiner Mutter, die gütig wie immer, aber leicht genervt darauf hinwies, dass wir noch mit dem Essen etwas warten sollten. Schliesslich wäre es ja erst – ungefähr – 22:00 Uhr und Toni wolle ja noch den Panettone vorbeibringen….


Nun, man möge es meinen Träumen nachsehen, dass sie sich nicht an Realitäten oder Manuskripte halten. Saludos und frohe Weihnachten!


- Marco Bollenbach, Lima 20/11/2022

Original Panettone von Albertengo

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